Wie der Traumtänzer in mein Leben kommt

Es ist Advent 1990 – eine der dunkelsten Zeiten meines Lebens und es geschieht etwas Unerwartetes, das meinem Leben wieder Hoffnung gibt.

Meine Tochter Sarina wird am 8. August 1990, vier Monate zu früh geboren, wiegt gerade einmal 881 Gramm und kämpft um ihr Leben. Seit vier Monaten sitze ich täglich an ihrem Inkubator, erfüllt von einer Angst, die mich fast zerbrechen lässt. Wird sie jemals allein atmen können? Wird sie überleben?

Neu in den USA, bin ich Jochen, der Liebe meines Lebens, gefolgt, um eine Familie mit vier Kindern zu gründen. Doch das Leben hatte einen anderen Plan. Ich fühle mich ohnmächtig, dem Schicksal ausgeliefert und um meinen Traum von einer großen Familie betrogen.

Inmitten dieser Dunkelheit erreicht Sarina einen Meilenstein. Seit Tagen zerrt sie unaufhörlich an ihrem Beatmungsschlauch – ein verzweifelter Kampf, der jedes Mal neue Schmerzen bringt, wenn sie erneut intubiert werden muss. Ihr kleiner Körper schafft es einfach nicht, eigenständig zu atmen.

Doch am 6. Dezember geschieht ein Wunder: Sarina schafft es! Sie atmet selbst. Mit der Unterstützung von Sauerstoff, der durch zwei winzige Kanülen in ihrer Nase strömt, meistert sie diesen gewaltigen Schritt.

Am nächsten Tag, einem Freitag, fahre ich zum ersten Mal seit vier Monaten schon um 16 Uhr nach Hause. „Ich werde für uns kochen!“, sage ich mir. Ich sehne mich nach einem Stückchen Normalität und Zeit mit Jochen.

Ein dicker Stapel Post erwartet mich. Ganz oben liegt ein großer, schwarzer Umschlag, rechts oben sehe ich Tannenbaum-Briefmarken aus Deutschland. Unsere Adresse schimmert in silbernen Buchstaben. Der Absender ist mir unbekannt. Eine seltsame Ruhe breitet sich aus, als ich mich mit dem Umschlag an den Tisch setze. Langsam öffne ich ihn und ziehe eine Weihnachtskarte und eine Mappe hervor.

Als ich die Mappe öffne, halte ich inne: Ein kleiner Elefant balanciert auf einem Drahtseil, umgeben von Sternen. Verwundert betrachte ich das außergewöhnliche Bild.

Dahinter entdecke ich ein Gedicht. Es heißt „Traumtänzer“.
Ich verweile einen Moment bei diesem Wort, atme tief ein und aus:

Traumtänzer.

Ich wundere mich: Der Elefant ist ein Traumtänzer?
Dann lese ich das Gedicht:

Traumtänzer

Ganz konzentriert – der Blick hellwach
Der Dicke gibt sich zierlich.
Er balanciert, als wär’s sein Fach.
Die Pose ist possierlich.

Der Weg auf diesem dünnen Seil ist sicher sehr gefährlich.
Man fragt sich: kippt er oder kippt er nicht?
Schafft er sein Ziel – wie herrlich!

Mit Sorgen folgen wir dem Spiel und diesem Drahtseilakt.
Denn fällt er aus dem Gleichgewicht,
Dann ist das Unglück Fakt.

Doch warum bangen, warum zagen,
warum nicht auch so couragiert?
Wir seh’n doch hier bei diesem Tier,
dass es gehalten wird.

So darf es sich fast sicher fühlen,
als Traumtänzer mit Sternen spielen.
Und hat trotz tollkühner Balancen
Zu überdauern gute Chancen.

R.R.

Dream Dancer - Traum Tänzer

Jedes Wort des Gedichts berührt mich tief. Besonders diese Zeilen:
„Wir seh’n doch hier bei diesem Tier,
dass es gehalten wird.“

Ich schaue auf das Bild des kleinen Elefanten, der wie von einer magischen Hand durch ein zartes Band seines Engels gehalten, auf dem Seil balanciert. Er macht das Unmöglich möglich. Und ich denke an Sarina. Wie ein Traumtänzer balanciert auch sie auf einem gefährlich schwankenden Seil – wird sie ebenfalls gehalten?

Dann kommt Jochen nach Hause. Er bleibt ebenfalls erstaunt vor dem Bild des Traumtänzers stehen. „Kennst du den Absender?“, frage ich ihn. „Nein, ich kenne ihn nicht. Es ist von einer Spedition, mit der ich arbeite. Ich bezweifle, dass sie von Sarina wissen.“

Neugierig schreibe ich dem Absender des Traumtänzers und erzähle ihm von Sarina. Seine Antwort ist eindeutig:

„Nein, ich kenne ihre Geschichte nicht. Dies war unser jährliches Weihnachtsgeschenk an alle unsere Kunden.“

Der Traumtänzer wird zu Sarinas Glücksbringer – ein Symbol für ihren Mut, ihre Stärke und ihren Überlebenswillen. Sein Balanceakt steht für die Herausforderungen, die sie meistert. Doch seine Botschaft geht noch weiter: Sie erinnert mich an eine Kraft, die ich im Kampf, mein Leben zu verstehen, vergessen hatte – Sarina ist nicht allein. Und plötzlich fühle ich mich tief berührt: Der Traumtänzer spricht auch zu mir. Ich stehe mit Sarina auf diesem Seil, und auch ich bin nicht allein.

Seine Botschaft wird mein Lebensanker

Über die Jahre wird er auch mein Mentor. Immer wenn ich dem Abgrund nahe bin, erinnert mich sein Bild daran, dass ich nicht abstürzen muss, sondern in tiefem Vertrauen den nächsten Schritt machen kann.

Viele Jahre später, als die Hoffnung schwindet, dass Sarina ihren Weg einmal allein gehen kann, inspiriert er mich dazu, meine Tiny Islands zu erschaffen. Tiny Islands – so nenne ich die wenigen Minuten des Tages, in denen ich bewusst Zeit für mich finde, um meinen inneren Frieden zu stärken.

 Daraus entstehen meine Traumtänzer-Programme, mit denen ich Menschen auf ihrem Weg aus der Ohnmacht hin zum unverletzbaren Glück begleite. Die Tiny Islands sind dabei kraftvolle und verlässliche Begleiter.

Meine Botschaft an dich! 

Das Leben ist ein Drahtseilakt. Es fordert dich heraus, immer wieder neue Wege zu gehen, über dich hinauszuwachsen und manchmal sogar das Unmögliche möglich zu machen. 

Du hast die Stärke, mit Mut und Vertrauen sicher durch dein Leben zu balancieren. Du musst diesen Weg nicht allein meistern – lass uns gemeinsam deinen nächsten Schritt entdecken.

Ich freue mich auf ein Gespräch mit dir!
Manchmal braucht es nur einen ersten Schritt, um das Vertrauen in deinen Weg zurückzugewinnen. Lass uns diesen Schritt gemeinsam gehen.